Erstmals liefern Wind und Sonne global mehr Strom als Kohle – gemessen am 1. Halbjahr 2025 laut Ember, einem Enery Think Tank. ( siehe Quellenangabe) Der Kipppunkt entsteht maßgeblich durch Zuwächse in China und Indien – ihre schiere Größe wirkt als Multiplikator. Die globale Energiewende wird nicht trotz, sondern durch China und Indien beschleunigt.
Was die neuen Zahlen zeigen – und warum Größe zählt
Die Energie-Denkfabrik Ember beziffert die Erzeugung aus Wind & Sonne im 1. Halbjahr 2025 auf 5.072 TWh, während Kohle auf 4.896 TWh kommt. Das ist der erste Zeitraum überhaupt, in dem Erneuerbare die Kohle übertreffen. Solar wuchs um +306 TWh, Wind um +97 TWh – zusammen mehr als der weltweite Nachfragestieg, so der Bericht, auf den sich Reuters stützt.
Der Treiber liegt in Asien: China senkte die fossile Stromerzeugung um 2 % und steigerte Solar um +43 % sowie Wind um +16 %; Indien legte bei Wind und Solar um +29 % bzw. +31 % zu und reduzierte Kohle & Gas um –3,1 %. In diesen beiden Staaten übersetzen schon ein- bis zweistellige Prozentzuwächse wegen der gigantischen Grundlast in dreistellige TWh-Effekte – der Multiplikator der Masse.
„We are seeing the first signs of a crucial turning point,“ sagt Małgorzata Wiatros-Motyka, Senior Electricity Analyst bei Ember, zu den H1-2025-Daten.
Europa im Gegenlauf, aber der Trend bleibt intakt
Während global Erneuerbare das Nachfragewachstum übertrafen, kam es in der EU zeitgleich zu einem Anstieg fossiler Erzeugung: Gas +14 %, Kohle +1,1 % im ersten Halbjahr 2025 – laut Ember-Auswertung, berichtet von Reuters. Gründe: schwächeres Wind- und Wasserangebot sowie regionale Besonderheiten.
Gleichzeitig bleibt der längerfristige EU-Trend intakt: 2024 überholte Solar erstmals Kohle im europäischen Jahresmix (Solar 11 % / 304 TWh vs. Kohle 10 % / 269 TWh), wie der European Electricity Review 2025 dokumentiert.
Österreich: die heimische Referenz: Unser Strommix wird traditionell ohnehin von Wasserkraft geprägt. Laut IEA stammen über drei Viertel der österreichischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen; verschiedene Analysen beziffern den Low-Carbon-Anteil zuletzt bei >80 %, getragen vor allem von Wasserkraft, gefolgt von Wind und Solar und nicht zuletzt durch die wachsenden Energiegemeinschaften.
Fazit: Schubladen denken fällt flach, willkommen der Energie Komplexität
Oft hört man den Satz: „Was nützt es, wenn wir in Europa brav Erneuerbare fördern – und die Inder und Chinesen blasen die Kohle in die Luft?“
Diese Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die globale Energiewende wird nicht trotz, sondern durch China und Indien beschleunigt. Die zwei bevölkerungsreichsten Länder sind längst keine Nachzügler mehr, sondern Multiplikatoren des Wandels – weil jeder Prozentpunkt Fortschritt dort Hunderte Terawattstunden bedeutet.
Europa dagegen erlebt gerade seine Energie-Realität: ambitionierte Klimaziele, aber strukturelle Abhängigkeiten. Die Zukunft der Energiewende entscheidet sich also nicht an nationaler Tugend, sondern an globaler Skalierung – und am Willen, Komplexität anzuerkennen statt Phrasen zu dreschen.
Quellen:
- Reuters, 07.10.2025: Global renewable power output overtakes coal for the first time, report says.
- Ember, Global Electricity Mid-Year Insights 2025.
- Ember, European Electricity Review 2025.
- IEA, Austria Country Energy Profile 2025.
- Taylor Wessing, 15.09.2025: Energy Communities in Austria and the new Electricity Industry Act.