Goldene Ähren und Strom! Sehen wir hier das Feld der Zukunft?

Die Boku Wien und die Wien Energie haben einen verheißungsvollen Versuch gestartet: Landwirtschaft trifft Ökostrom. Aber wichtig: Zwischen den Modulen muss der Elektro-Mähdrescher seine Runden ziehen können.

Bereits seit 2019 testet die Wien Energie in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur die Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Sonnenstrom-Produktion. Am Standort Schafflerhofstraße etwa, im 22. Wiener Gemeindebezirk, kommen seit 2021 rund 400 vertikal errichtete, bifaziale Module zum Einsatz.

Nahrungsmittel & Strom werden produziert
Diese erzeugen auf zwei Seiten Energie und ermöglichen dazwischen landwirtschaftlich Anbau. So können gleichzeitig Nahrungsmittel und Ökostrom produziert werden. Im ersten Jahr wurden zur Bodenverbesserung noch vorrangig Luzerne (Klee) angebaut.

Erntezeit auf dem Feld der Zukunft in der Schafflerhofstraße

2022 wurden verschiedene Getreidesorten (Winterweizen, Winterdinkel und Wintergerste) und Sojabohnen angebaut, welche im ersten Erntejahr bereits gute Erträge lieferten. Dieses Jahr wird der Versuch gemäß dem Prinzip der Fruchtfolge fortgesetzt.

Finale Analyse
Ende des Jahres werden die Ergebnisse final analysiert und es wird über die weitere Entwicklung des Forschungsprojekts entschieden. Die vertikale Anlage in der Schafflerhofstraße ist die größte Anlage ihrer Art in Österreich.

Damit die Energiewende bis 2040 gelingt, brauchen wir einen technologischen Mix. Wien Energie treibt deshalb den Solarkraft-Ausbau massiv voran. Photovoltaikanlagen auf Dächern allein werden dabei nicht ausreichen, um den Bedarf an erneuerbarem Strom in Zukunft zu decken. Um alle Potentiale zu erschließen, ist es deshalb notwendig, je nach Gegebenheiten die passende Photovoltaikanlage auszuwählen.

Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung, Wien Energie

Vielversprechende Erkenntnisse
In den letzten zwei Jahren konnten wesentliche Erkenntnisse zu dieser Form der Sonnenstrom-Produktion gewonnen werden, die nun weiter vertieft werden.

  • Erhöhte Landnutzungseffizienz durch Agrar-Photovoltaik
    Durch die Kombination der Stromerzeugung mittels Photovoltaik und der Lebensmittelerzeugung auf ein und derselben Fläche, wird die Fläche effizienter als bei einer einfachen Bewirtschaftung genutzt. Ca. 85 Prozent der Fläche werden für Ackerbau, ca.14 Prozent für sogenannte Blühstreifen und ca. ein Prozent für das Photovoltaikgerüst verwendet. Die Doppelnutzung ist wirtschaftlich ertragreicher als der reine Anbau von Pflanzen, da der/die Landwirt*in durch den Stromertrag noch eine zusätzliche Einkommensquelle schafft. Es besteht dadurch eine sehr hohe Landnutzungseffizienz.
  • Stromerzeugung vergleichbar mit klassischen Photovoltaikmodulen
    Vertikal errichtete Agrarphotovoltaikanlagen produzieren vergleichbar viel Strom wie herkömmlich nach Süden ausgerichtete Anlagen. Durch die Ost-West-Ausrichtung haben sie den Vorteil, dass die Energieerzeugung dann am höchsten ist, wenn auch der meiste Strom benötigt wird. Eine Kombination von klassischen und bifazialen, also doppelseitigen, Photovoltaikanlagen bietet damit die Möglichkeit, das Erzeugungsprofil über den Tag zu glätten und damit das Stromnetz zu entlasten.
  • Blühstreifen fördert Biodiversität
    Zum Schutz der Photovoltaikanlage vor landwirtschaftlichen Beschädigungen wird ein Abstand von ca. einem Meter zwischen den Modulen und dem Ackerfeld gelassen. Bei der Agrar-PV Schafflerhofstraße wurden drei verschiedene Methoden getestet, um diesen Streifen frei von Unkraut zu halten. Die Ansaat einer speziellen Blühmischung und die mechanische Pflege der Wiesensaat haben sich bewährt. Der Blühstreifen erhöht zudem die Biodiversität.
  • Praktikable Bewirtschaftung für den Landwirt
    Versuche am Schafflerhof zeigen, dass die Bewirtschaftung des Agrar-Photovoltaik-Ackers problemlos funktioniert. Der zehn Meter breite Abstand zwischen den Modulen ermöglicht das herkömmliche Benutzen von Maschinen. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zwischen bifazialen Photovoltaikmodulen ähnelt damit der normalen Landwirtschaft.

Forerunners-Meinung:

Gut gemacht! Die Wien Energie und die Boku in einem Boot, das ist eine vielversprechende Kombi. Und wenn man über Österreichs Grenzen blickt, merkt man, dass wir in Sachen Solarenergie hoch im Rückstand liegen. Also ist jedes sinnvolle Projekt in diese Richtung absolut zu begrüßen. Auch, wenn das “Bett im Kornfeld” in Zukunft nicht mehr ganz so romantisch sein dürfte…

Alle Foto-Credits dieser Story: Wien Energie/Raphael Faschang

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