Neue Teilpension beschlossen: Wer sagt was zur Reform und wer trägt die Hauptlast?

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Trauriger Mann mit Rentenbescheid im Comic-Stil

Die Babyboomer tragen nun die Last für die Vergangenheit und Zukunft des österreichischen Pensionssystems:

Die nun beschlossene Teilpension ist ein Schritt Richtung Flexibilisierung – doch sie ist auch ein Symptom. Erstmals trifft eine Reform das Herzstück der Pensionsgesellschaft: die Babyboomer-Generation. Sie muss als erste den realen Grenzen eines jahrzehntelang ausgebauten Pensionssystems ins Auge blicken – und Abstriche hinnehmen, die politisch lange verdrängt wurden.

Am 10. Juli 2025 hat der Nationalrat ein weitreichendes Pensionspaket beschlossen.

Im Mittelpunkt steht die Einführung einer neuen Teilpension, die es älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab 2026 erlaubt, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und gleichzeitig eine anteilige Pension zu beziehen.

Damit verbunden sind Einschnitte bei der bisherigen Altersteilzeit und ein „Nachhaltigkeitsmechanismus“ zur langfristigen Absicherung des Pensionssystems. Die politischen und wirtschaftlichen Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

Die Regierungsparteien im Zitat:

ÖVP – „Win-Win für Beschäftigte und System“: ÖVP-Klubobmann August Wöginger lobte das Modell als „Win-win-Situation für die Beschäftigten und das System“. Die neue Regelung ermögliche ein flexibleres Übergangsmodell in den Ruhestand. Auch ÖVP-Abgeordnete Scheucher-Pichler hob hervor, wie wichtig die Erfahrung älterer Arbeitnehmer für Unternehmen sei.

SPÖ – Altersgerecht und fair

Auch von der SPÖ kommt grundsätzlich Zustimmung. Sozialsprecher Josef Muchitsch sieht in der Teilpension ein wichtiges Werkzeug, um altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig ermögliche sie eine Verbesserung der Pensionshöhe für Menschen, die über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten.

NEOS – Ein Schritt, aber nicht das Ziel

Die NEOS selbst haben sich zum Pensionspaket bisher nicht direkt geäußert. Allerdings lobten die JUNOS, die Jugendorganisation der Partei, die Reform als „Pensionswende“. Sprecher Florian Wotschke betonte, es handle sich um einen ersten Schritt – der umfassende Umbau des Pensionssystems stehe aber noch aus.

Opposition zwischen “Ja, aber” und “Geht gar nicht:

Grüne – Unterstützung mit Vorbehalten

Die Grünen unterstützen die Einführung der Teilpension, übten jedoch Kritik an den Kürzungen bei der bisherigen Altersteilzeit. Sozialsprecher Markus Koza forderte zudem ein Bonus-Malus-System, das Arbeitgeber dazu bewegen soll, ältere Beschäftigte länger zu halten.

FPÖ – Scharfe Ablehnung: „Pensionsraub“

Die FPÖ lehnt das Reformpaket kategorisch ab. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch sprach in einer Aussendung von einem „Pensionsraub“ und warnt vor einem schleichenden Anheben des faktischen Pensionsantrittsalters auf bis zu 70 Jahre. Besonders Frauen mit niedrigen Einkommen würden durch die Kürzung der Altersteilzeit stark benachteiligt.

Wirtschaft: Zustimmung, aber Forderung nach mehr Struktur

Wirtschaftsbund – „Richtiger Schritt“, aber ausbaufähig: Der ÖVP-nahe Wirtschaftsbund zeigt sich zufrieden mit dem Reformpaket. Generalsekretär Kurt Egger nannte die Maßnahme einen „richtigen Schritt“, mahnte aber an, auch Selbstständige stärker zu berücksichtigen. Außerdem brauche es mehr Anreize für Menschen, freiwillig länger im Erwerbsleben zu bleiben.

Industriellenvereinigung – „Mehr Mut zur Reform“

Auch die Industriellenvereinigung (IV) begrüßt die Teilpension grundsätzlich, fordert aber eine tiefere Strukturreform. Dazu gehört für sie vor allem eine tatsächliche Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und eine stärkere Orientierung an Nachhaltigkeitskennzahlen im Pensionssystem.

Gewerkschaft und Arbeiterkammer zurückhaltend

Bis zum 15. Juli liegen weder von der Arbeiterkammer (AK) noch vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) offizielle Stellungnahmen zur neuen Teilpension vor. Beide Institutionen waren im Gesetzwerdungsprozess eingebunden, haben sich bisher aber nicht über OTS oder andere öffentliche Kanäle zur beschlossenen Fassung geäußert.

Seniorenbund: Ingrid Korosec fordert Einbindung & Details

n einer aktuellen Presseveröffentlichung hebt Korosec die geplante Teilpension als „wesentlichen Fortschritt“ hervor, weil sie älteren Menschen ein langsames, gleitendes Ausscheiden aus dem Berufsleben ermögliche. Sie betont stark:

  • Es sei ein „grundsätzlich richtiger Schritt“, um das faktische Pensionsantrittsalter dem gesetzlichen näherzubringen. Zugleich fordert sie altersgerechte Arbeitsplätze, um ältere Arbeitnehmer:innen in Beschäftigung zu halten. Ein Bonus‑Malus‑System für Arbeitgeber sei notwendig – mit Weiterbildungspflicht auch auf Seite der Arbeitnehmer:innen
  • Zur Korridorpension meint sie, dass schrittweise Anhebungen legitim seien, solange sie nicht das Ziel untergraben, Menschen länger im Erwerbsleben zu halten
  • Sie warnt, „der Teufel steckt im Detail“ und fordert daher Konkretheit und transparente Verhandlungen zur Ausgestaltung
  • Zudem verlangt sie kostentransparente Kommunikation: etwa klare Abgrenzung echter Pensionskosten und Evaluierung nach zwei Jahren, um Zusammenhänge wie Krankenversicherungsbeiträge nachvollziehbar darzustellen

Pensionistenverband: Zweifel am Vertrauensschutz

Der Pensionistenverband, vertreten durch Peter Kostelka (Präsident) äußert bereits konkrete Kritik:

  • Sie äußerten verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung der Korridorpension und den Wegfall der vollen Pensionsanpassung im ersten Jahr. Konkret: Alle, die vor Inkrafttreten bereits 2025 in Pension gehen, würden rückwirkend „massiv in ihrer Rechtsposition“ verletzt
  • Der Präsident fordert daher eine dauerhafte Abschaffung der Aliquotierung bei der ersten Pensionsanpassung, sowie eine Wertgarantie fürs Pensionskonto für Neupensionist:innen

Die Babyboomer zahlen die Zeche

Die neuen Regelungen rücken die Realität näher: Lebensarbeitszeit steigt faktisch, Übergänge werden brüchiger, und frühere Vorteile wie die Hacklerregelung oder die „besten 15 Jahre“ entpuppen sich als Bumerang – nicht für Einzelne, sondern für eine ganze Bevölkerungsgruppe. Gerade die Generation, die über Jahrzehnte das höchste volkswirtschaftliche Bruttovolumen erarbeitet hat, wird nun in der Breite mit Korrekturen konfrontiert.

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