Schröcksnadels Jahresbilanz mit dem River and Nature Trust: Es wartet viel Arbeit

Leitbetriebe sind gefordert, ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit ohne Kompromisse zu leisten, die Energiewirtschaft muss mehr zu ihrer Naturverantwortung stehen und junge Naturschützer sind weniger gefährlich, als Bauern mit dem Güllewagen. Ein Interview mit Peter Schröcksnadel.  

Wir haben mit dem Unternehmer und ehemaligen Präsidenten des ÖSV über seine „neue Karriere“ gesprochen: Der hochaktive Jungachtziger pendelt zwischen Innsbruck, Wien, seiner Sehnsuchtsdestination Kanada und Kopenhagen, wo er in einem hochdekorierten Krebsforschungsprojekt mit verantwortlich und beteiligt ist. 

Mit dem River and Nature Trust hat er im Februar ´23 eine Naturschutzorganisation gegründet, die, wie sollte anders sein, schon in den ersten Monaten nach der Gründung hochaktiv ist: Der Leitfisch der Alpen, die Bachforelle, steht unter schwerem Druck, den will er mit seinen Mitstreitern aus der Wissenschaft lindern. 

Schröcksnadel geht in dieses Projekt wie in seine meisten anderen mit Energie, Überzeugung und jede fehlende Scheu, Missstände beim Namen zu nennen.  

Wir haben mit ihm über diesen River and Nature Trust in Wien gesprochen, die Beweggründe dazu und die ersten Projekte. 

Warum eine weitere Umweltschutzorganisation, obwohl es ja schon zahlreiche gibt? 

PS: „Das ist richtig, aber es gibt keine Naturschutzorganisation in Österreich, die sich um die Lebewesen unter Wasser kümmert. Äschen, Forellen, Flusskrebse oder Flussmuscheln leben unter Wasser und sind nicht sichtbar, daher sind sie aus dem Bewusstsein gestrichen und sozusagen Freiwild für die Freizeitnutzung und Landwirtschaft, die jeden Meter bis zum Fluss nützen wollen, für Raubvögel, die im Gegensatz zu Fischen unter Artschutz stehen und der intensiven Energiebewirtschaftung.  

Da sind es vor allem die veralteten Kleinkraftwerke, die zum großen Teil die Wanderrouten der Fische zu ihren Laichplätzen unterbrochen haben und nur zu einem geringen Teil fischgerechte Aufstiegshilfen bieten. Ein großer Teil erfüllt die Standards nicht und haben zum Teil lächerliche Vorrichtungen.“ 

Ein Beispiel: Der Fisch des Jahres in Österreich, der Huchen, findet nur mehr auf 0,7 % der Flusskilometer, die für ihn geeignet wären, faire Bedingungen. Gerade aber auf diesem letzten „Gnadenrest“ plant die Energie Steiermark bei Zeltweg und St. Michael zwei Kraftwerke.”  

Peter Schröcksnadel mit Dr. Nikolaus Medgyesy, Wissenschaftlicher Vorstand RNT, Foto Simona Höllermann

Das führt uns gleich zu den Energiegesellschaften: Sind das Ihre logischen Feinde? 

PS: „Ganz und gar nicht, sie sind Dialogpartner, die wir in die Welt des Naturschutzes begleiten könnten, wenn der Wille da ist. Deswegen unterstützt uns als Vizepräsident Werner Steinecker, der bis vor einem Jahr der Geschäftsführer der Energie AG war, mit seiner Expertise und Realsicht. 

Es gibt genug Beispiele, wie den neu geschaffenen Fischarm der Donau bei Altenwörth oder das ÖBB Kraftwerk in Obervellach, wie man den Fluss nutzen kann und dennoch der Fauna ihren Freiraum gibt.  

Wir leben heute in einer Kulturlandschaft und der Traum von nicht verbauten Flüssen ist leider ausgeträumt, die Menschen haben sie für den Strom über mehr als 130 Jahre reguliert, unterbrochen und verändert. Ebenso brauchen wir unendlich viel Elektrizität aus den Erneuerbaren, um die Fossilen zu minimieren und Abhängigkeiten auszuschalten. 

Das kann aber nicht zu Lasten der Lebewesen in den Flüssen passieren, die wurden teilweise zu Wasserautobahnen ohne Lebens-, bzw Laichräume für die Fische.  

Ein Beispiel: In Kärnten, an der Gurk und Metnitz sind auf 40 Flusskilometern 12 Kleinwasserkraftwerke. Alle zusammen produzieren so viel Strom, wie zwei moderne Windräder. Jeder weitere Kommentar ist überflüssig, da kann man nur den Kopf schütteln.“  

Gehen wir zur Ihrem Herzensfisch, der Bachforelle, der gelten gerade Ihre größten Anstrengungen, warum? 

PS: „Ganz einfach, weil sie verschwindet. In den Flüssen, in den Bächen, vom Wienerwald zum Bregenzerwald, im Granit der böhmischen Masse und im Kalkgestein der Alpen.  

Die Gründe sind zum Teil klar auf der Hand, zum Teil aber noch nicht genügend beforscht, deswegen haben wir heuer einmal zwei Projekte gestartet, an der großen Mühl in Oberösterreich ist eines:  

Dort haben wir bereits gemeinsam mit Dr. Christoph Hauer von der BOKU Wien eine Pionierleistung erbracht und entlang der gesamten Laufstrecke alle potentiellen Laichplätze nach deren Qualität kartiert.  

Das zweite Projekt ist der Kapellenbach in Kössen, einem Zubringer zur Tiroler Ache. Dort wollen wir versuchen, die fast verschwundene Population durch die Urforelle aus der Station in Thaur, wo sie wieder aufgezüchtet wird, zu stabilisieren. Das verdanken wir unserem wissenschaftlichen Vorstand, Dr.Nikolaus Medgyesy.  

Wir forschen für Jahre in alle Richtungen mit Hilfe der besten Institute, möglicher Weise ist es der Prädatorendruck, der aus einem vitalen Bach ein spärlich belebtes Gewässer gemacht hat.  Ein weiteres Beispiel: Ein einziger Graureiher oder Kormoran braucht den Ertrag eines Hektars Flussfläche per anno. Diese Vögel treten in Schwärmen von bis zu 25 Stück auf. Das geht sich für Forellen, Äschen oder Koppen einfach nicht mehr aus.  

Die Balance ist schon lange nicht mehr da, man kann nicht eine Art, dazu zählt auch der Otter, zu Lasten einer anderen schützen.  

Und in Richtung Tierschutz ist meine Meinung, wir Österreicherinnen und Österreicher sollten zuerst unsere eigene bedrohte Fischfauna schützen und erst dann Wale, Eisbären oder Tiger.”  

Foto Bachforelle: Reinhard Loidl

Das Flussmanagement in Österreich: Wo liegen die Ursachen von Fehlstellungen im System? 

PS: „Derer gibt es einige: Die Masse an veralteten Kleinkraftwerken habe ich schon erwähnt, die fehlende Balance zwischen dem Schutz von Fischen und Fischräubern auch, aber es kommen noch ganz entscheidende Faktoren dazu:  So kann eine Gemeinde heute jederzeit, ohne mit der Wissenschaft oder Fischereibeauftragten Rücksprache zu halten, unter dem Titel „notwendige Maßnahmen“ mit dem Bagger den Flusslauf bearbeiten. Dass so Etwas nicht im Sinne der Fische passiert, liegt auf der Hand.  

Die Fischer und Fischereivereine sind selbst in einer schweren Schuld über Jahrzehnte:  

Durch den Besatz der nicht einheimischen Regenbogenforelle als „Freizeitfisch für die Angelfischerei ohne Wenn und Aber“ wurde die Bachforelle verdrängt.  

Heute muss so ein Fang bereits in manchen Revieren entnommen werden und wird auch nicht mehr besetzt. Der Besatz mit autochtonen Bachforellen kann ein Ausweg sein. 

Die junge, aufgeklärte Fischerei, die von Menschen mit wissenschaftlicher Weitsicht und Verantwortung für die Arten betrieben wird, setzt bereits Maßnahmen, die gestern noch unvorstellbar schienen: So wird im Südtirol der Besatz 2024 eingestellt und verboten, ob die Maßnahme richtig ist, wird sich herausstellen, aber ist zumindest einmal ein konsequenter Ansatz.  

Ebenso begrüßen wir die Renaturierungsinitiative der EU, also gesetzliche Wiederherstellungsmaßnahmen, die bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU abdecken. 

Was jedoch das Wichtigste für eine Zukunft der Flüsse in Österreich erreicht werden muss:  
Ein Fluss muss als das Naturwunder, das er ist, genauso wie eine Kirche, zu einem Art Heiligtum werden, ein Ort, an dem man sich mit der Natur verbindet. Mit Respekt vor den Lebewesen darin. Ein Fluss ist kein Wasser, das sich zufällig so präsentiert, er ist durch uns geformt worden, nicht immer zum Besten. 

Wir sind der Zufall der Evolution, der die Flüsse so vereinnahmt hat. Die Hauptursache für Überschwemmungen im Flachland sind die Begradigungen in den Zuläufen, die das Rückhaltevermögen minimiert haben. Dazu brauche ich keine Klimadiskussion zu bemühen, das ist banaler Hausverstand. 

Ich sage, der Fluss gehört in der Wahrnehmung auf ein Podest gehoben, damit er mehr Sichtbarkeit und Entfaltungsmöglichkeit bekommt. “

Bild: Traun bei Bad Ischl: Jägerwald.Marketing

Heuer sind einige Fischkatastrophen in die Medien gelangt, was sagen Sie zu den Vorfällen in Österreichs Flüssen und Bächen?” 

Im Fall des massenhaften Fischsterbens an der Sill haben wir eine Anzeige gegen die Innsbrucker Stadtwerke gemacht, weil die Fischereiorgane nicht von der fatalen Spülung informiert wurden. Beim Mauerbach, der durch Chemieabfälle konterminiert wurde und beim Anzbach, wo 30 Jahre Aufzuchtarbeit durch Gülle binnen Stunden zunichte gemacht wurden, haben wir mit den Betroffenen und dem Land Niederösterreich Gespräche gesucht. 

Leider scheinen all diese Verfahren im Sand zu verlaufen, weil der Usus seit Jahren derselbe ist: Die Verursacher zahlen dem Pächter eine Entschädigung der schweigt. Die Angst, die Pacht zu verlieren, ist einfach zu groß.  

Da gehört eine Änderung der Sichtweisen her, die von Naturliebhabern gefordert wird: Es ist einfach ein schweres Vergehen, Flüsse und Tiere zu vergiften oder zu kaputt zu schwemmen. 

Wenn ich sehe, dass junge Umweltaktivisten, die aus ihrer Sicht eine Botschaft vertreten, in Haft gesteckt werden und gleichzeitig sehe, dass kapitale Vergehen ungeahndet bleiben, zweifle ich an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.  

Summa summarum unterstützen wir existente Vorhaben, eine zentrale Meldestelle für Flussvergehen einzurichten, die Meldungen und Sichtungen von Fischern, Wanderern und Spaziergängern aufnimmt.  

Zur letzten Frage: Wodurch möchten Sie die Vorhaben des River and Nature Trust finanzieren, bislang tragen Sie alle Kosten? 

Wir wollen im Sinne der Balance an und in den Flüssen in zwei Jahren den NGO Status erreichen. Damit haben wir bei Verfahren, die Flüsse betreffen, eine Parteistellung.  

Das ist Aufbauarbeit in eine Organisation und dazu kommen die wissenschaftlichen Projekte, die sechsstellige Summe erreichen.  

Wir können uns in Zeiten, da die Menschen jeden Euro umdrehen müssen, nicht auf die breite Masse verlassen, die haben leider andere Sorgen. Dennoch bekommen wir über unsere Homepage erste Spenden, es gibt gottseidank Menschen, die immer noch spenden können und Österreich hat ein großes Herz! 

Der große Hebel aber sind die Firmen, die sich in der Gesellschaft im Sinn der E.S.G. Normen engagieren. Die haben großes Interesse, Projekt mit Hand und Fuß zu starten, die wirkliches Arbeiten an der Umwelt und kein Greenwashing sind.  

Für die bieten wir maßgeschneiderte Programme über mehrere Jahre an. Genauso habe ich es beim ÖSV erfolgreich gemacht, alle Firmen hatten am nationalen Stolz über die Siege ihren Anteil und Profit.  

Dieses Mal geht es aber um mehr als um Sekunden: Es geht um unsere Lebensgrundlage, das Wasser! 

Spendenkonto River an Nature Trust: Raiffeisen Landesbank Tirol IBAN AT04 3600 0000 0065 0960

Folgen Sie den Projekten des River and Nature Trust auf der Homepage

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